lernen und denken
Linksseitigkeit, die Schule, das Lernen und das Anderssein
Linksseitigkeit zwischen Begabungsvielfalt und Lernschwierigkeiten
Bedingt durch die besondere genetische Veranlagung wachsen linksseitige Menschen in ihrem individuellen Zugang zu sich und der Welt auf. Die meist angeborene Fähigkeit „in Bildern zu denken,“ prägt die Sprachentwicklung ebenso wie die Wahrnehmungs- Bewegungs- und die Lernentwicklung des linksseitigen Kindes in seinen gesamten Reifungsprozessen.
Einschulungserfahrungen als Linkshänderin aus dem Jahr 1967
So wie ich von den Lehrern und von meinen Eltern als Linkshänderin unter Anwendung von körperlicher Gewalt auf die rechte Hand zum Schreiben umtrainiert wurde, sind mir die ersten Schuljahre bis heute in ihrer ganzen Härte unvergessen geblieben. Sehr genau erinnere ich mich, wie es sich anfühlte:
- beim Erlernen des Schreibens die Buchstaben zu vertauschen und das „k“ nicht sofort schreiben zu können
- Zahlen und Buchstaben zu vertauschen
- Die Welt der Mathematik als nicht greifbares „Mysterium" wahrzunehmen
- negative Zuschreibungen wie „faul“ und „dumm“ ungerechtfertigt zu erfahren
- beim Schreibenlernen trotz aller Bemühungen die Zeile nicht halten zu können
- Manches nicht genau zu hören und/oder nicht genau zu sehen
- an Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten zu leiden
- immer langsamer als andere zu sein
- sich an den unmöglichsten Stellen zu verletzen und zu stoßen
- im Sport wenig/geringe Erfolge zu erfahren
- nicht immer passende Worte für die vielen Gedanken zu finden
- bestimmte Bewegungen „nur" mit Links zu können
- tolpatschig zu wirken
- das Besteck anders als die meisten Menschen zu halten
- eigene Gefühle, Gedanken und Empfindungen zu äußern, die in der Umwelt Unverständnis hervorrufen.
Weil die Linke die Rechte ist
Die Einschulungsphase als kognitiver und emotionaler Höchstleistungsprozess
Die Seitigkeitsentwicklung /Lateralisation des linksseitigen Kindes verdient in seiner Entwicklung kognitiver Prozesse Verständnis und Aufmerksamkeit, denn es leistet ab dem Kleinkindalter in der Auseinandersetzung mit sich und seiner meist rechtshändig organisierten Umwelt Beachtliches. Im Folgenden stelle ich zusammen, wie das linksseitige Kind Lernaufträge in der Kita und in der Schule wahrnimmt und kognitiv verarbeitet:
- Das Kind verarbeitet und verinnerlicht auf individuelle Weise Wahrnmehmungs- Bewegungs- und Lernprozesse ausgehend von seinen Präferenzen der rechten Gehirnhälfte.
- Hier lernt es die Wahrnehmungs-Bewegungs- und Lernprozesse seiner (meist rechtshändigen) Umwelt kennen, es lernt sie aufzunehmen, versucht sie im rechtsseitigen Kontext zu verstehen, um sie dann im eigenen Verständnis kognitiv verarbeiten zu können.
- Weil das linkshändige Kind weiß, dass es in seinem individuellen Lernverständnis oft nicht in seinem Denken und Wahrnehmen verstanden wird, gewöhnt es sich seit frühester Kindheit daran, sich in seinem individuellen Lernen und Denken an die Vorgaben des schulischen Lernens, in dem das linkshemisphärische Lernen priorisiert wird, anzupassen.
- Anders als das mischerbige oder das rechtshändige Kind, wird das linkshändige Kind immer versuchen, sich mit seinen Präferenzen, zu denen seine Wort- und Bilderwelt gehört, einbringen.
Weitere Links zum Thema
- Lateralisation
- Das beidäugige Sehen und Hören
-Wenn Eltern und Lehrer hilflos sind: Als unverstandener hochbegabter Linkshänder auf dem Weg zum Analphabetismus
- Die Begabungspotenziale des Linkshänders Günter Grass